Namra-Zyklus IV

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Die Inhalte im grauen Kasten wurden von Gideon erstellt. Es handelt sich um Fanwork und nicht um offizielle Spielinhalte.

Hohe Gräser wogen im Wind, Palmen stehen an einem kleinen See. Kraniche staksen durchs Wasser, die Luft singt eine Hymne auf das Leben, ist erfüllt vom Gezwitscher der Vögel, dem Brummen der Wasserbüffel am Wasserloch, während sich drei gigantische Grauhäuter im Schlamm baden. Ein Mann sitzt mit einer Frau in seinen Armen im Schatten unter einer Palme, ein kleines Mädchen spielt davor im Gras, rennt umher und zieht einen blauen Stoffstreifen hinter sich durch die Luft, der wellenhaft im Wind flattert. Die Augen der Eltern folgen dem lachenden Mädchen, die Beiden lächeln sich an. Mutter und Vater könnten kaum verschiedener sein. Sie sind wie Taghimmel und Nachthimmel. Obwohl der junge Mann direkt neben ihnen steht, nehmen sie keine Notiz von ihm. Das Mädchen hält an, als ein großer Büffel den Kopf schwerfällig aus dem Wasser hebt und sie aus braunen Augen anblickt, nur um mit den Ohren wackelnd ein paar dunkle Fliegen zu verscheuchen, um dann gemütlich weiter zu dösen. Kichernd rennt das Mädchen zurück zu seinen Eltern, fällt auf die Knie und krabbelt die letzten drei Schritte vorsichtig näher an seine Mutter heran. Diese legt einen Arm um sie, drückt ihr einen Kuss auf den Kopf, während der Vater voller Hingabe seine Familie betrachtet. Er hat alles für seine Familie getan. Hat sie abgesichert. Das Mädchen streicht mit den Fingern vorsichtig über den gewölbten Bauch der Mutter, trippelt mit den Fingerspitzen darüber und flüstert ein paar Worte an das ungeborene Kind im Inneren, die Namra nicht versteht.

Er fühlt, dass noch etwas bevorsteht. Sie müssen noch ein Opfer bringen, der Brauch verlangt es. Steht eine Geburt an, so würde ohne ein zufriedenstellendes Opfer einer der Alten sterben. So war es schon immer gewesen und würde es auch immer sein.

Ein Wimpernschlag später. Die Familie sitzt unter der Palme. Das Mädchen spielt mit ihrem kleinen Bruder, der aufgeregt und neugierig durchs Gras krabbelt, die großen Tiere mit faszinierten Augen anstarrt, beim Anblick eines über den Himmel schießenden Falken begeistert in die kleinen Hände klatscht. Der Blick der Mutter ruht auf ihren Kindern, gedankenverloren fährt sie mit der Hand über das Stück Gras neben sich, spürt die schmerzhafte Abwesenheit ihres Geliebten. Er lebt in ihren Kindern fort.

Fieber. Schweiß steht auf Namras Stirn, rinnt in salzigen Perlen sein Gesicht herab. Die Augen unter den Lidern rasen, zucken. Der Atem geht flach und hastig. Der Körper wehrt sich mit aller Kraft gegen das Fremde, das sich in ihm eingenistet hat. Es sitzt in ihm, hat sich festgefressen, brütet wie ein Parasit, es ist noch zu schwach. Zwei Herzen schlagen, ach, in seiner Brust. Der Kübel neben ihm stinkt nach Erbrochenem, sein weißes Gewand tropft vom Fieberschweiß. Eine Fliege landet auf seiner Wange, lässt den Muskel darunter zucken, um das Insekt zu vertreiben. Sie haben ihn in eine kleine steinerne Kammer gesperrt, wie ein tollwütiges Tier, nachdem er am Tag nach seinem Gespräch mit Sethos beim Essen von der Bank kippte. Quarantäne war die Anweisung gewesen. Dann war er in tiefen Schlaf gefallen, hatte unzählige Träume erlebt. Sethos hatte seine Zweifel gespürt, Namra kann sich an seine Gesichtszüge erinnern, erkennen, wie der Hogon seine Weigerung erahnte. Er würde die Dinge selbst in die Hand nehmen. Ihm allein steht die Kontrolle zu. Verräter müssen beseitigt werden. Und ist der Preis noch so hoch.

Ein Schrei reißt den Fiebertraum in Fetzen. Die Realität prügelt ihn zurück ins Bewusstsein. Namra schießt aus dem Bett hoch, das Fieber ist so hoch, dass dass er selbst die Gliederschmerzen nicht mehr spürt, sein Schädel pocht und glüht, ebenso wie eine Stelle in seiner Armbeuge. Er strotzt nur so vor Energie, hat das Gefühl, er könnte tagelang durchlaufen und würde nicht ermüden. Irgendetwas geht dort draußen vor sich. Keine Fenster, nur eine kleine Öffnung im Dach der Kammer, wo ein Stück Sandstein aus der Decke gebrochen ist. Den Schweißgeruch oder den des Erbrochenen nimmt er gar nicht wahr, alles riecht würzig-süß. Seine Stirn glänzt. Namra rüttelt an der Tür. Abgesperrt. Er muss raus hier, muss sehen was passiert. Wieder ein Schrei, eine kreischende Frau. Namra macht ein paar Schritte zurück, nimmt Anlauf und wirft sich gegen die Tür, die krachend nachgibt und aus den Angeln reißt. Die Sonne blendet ihn, raubt ihm die Sicht. Er blinzelt, stolpert vorwärts, hört die Stimmen, die sich in einiger Entfernung überschlagen ungewöhnlich deutlich. Langsam kehrt seine Sicht zurück. Alles fort. Die Zelte und Teile der Hütten sind fort. Tand und Überreste liegen auf dem von der Sonne gewärmten Sandstein. Die Spuren sind schon älter. Von Seka, den Sethos zu seiner Bewachung abgestellt hatte, keine Spur. Auch von niemandem sonst gibt es ein Zeichen. Von niemandem, außer der schreienden Frau. Angstvolles Geflehe dringt an Namras Ohren, sein Kopf schnellt zur Säulenhalle. Mit großen Schritten schießt er voran, rennt auf die Halle zu.

“Bitte, bitte, lasst mich gehen, Seka, bitte..” weint eine Frau. Ihre Stimme zittert vor panischem Schluchzen. Sie kniet im großen Torbogen zur Halle, die gefesselten Hände flehend zu Seka erhoben, der angewidert auf sie herabblickt. Zwei helle Silhouetten vor schwarzem Hintergrund. Keiner der Beiden hat den näherkommenden Namra bemerkt. “Du hattest eine Gelegenheit, deinen Verrat zuzugeben! Du hast es nicht anders verdient. Selbst schuld, wenn du Sethos’ mehr als großzügiges Angebot ausschlägst. Jetzt bekommst du was dir zusteht.” - “Ich weiß nicht wovon..” Seka schlägt ihr mit solcher Wucht ins Gesicht, dass der Kopf der Frau nach hinten reißt. Ihr geflochtenes Haar wirbelt durch die Luft, ihr Kopf schlägt hart auf dem Boden auf. Seka spuckt auf sie. Namra kommt schlitternd zum Stehen. “Lass deine Finger von ihr!” will er Seka entgegenschleudern, aber seine Zunge will nicht, wie er will. Stattdessen knurrt er nur heiser. Seka dreht den Kopf ungläubig zu ihm herüber, seine Augen weiten sich, als sähe er einen Geist. “Bei Amun, wie ist das möglich?! Du bist tot!” Bevor Namra reagieren kann, hat Seka ein langes Messer in der Hand und zerrt Saba an ihren Haaren auf die Beine, drückt ihr die Klinge an den Hals. Blut rinnt von ihrer Stirn, sowie aus Nase und Mund. Ihre Augen blicken benommen vom Aufschlag, dann schmerzerfüllt zusammengepresst vom Reißen an ihren Haaren. “Geh zurück in die Gruft! Du sollst darin ruhen! Bei Anubis, es ist dein Grab!” keift Seka mit hysterischer Stimme.

Sekas Hände zittern. Die Geschichte hat eine unvorhergesehene Wendung genommen. Er sollte doch nur aufräumen, lose Enden beseitigen und jetzt steht diese abgemagerte, infizierte, kranke, wandelnde Sichel vor ihm. Wahnsinnige Augen, die ihn anblicken. Er sollte schon längst tot sein. Er muss tot sein. Er selbst hat ihm den Puls gefühlt und ihn auf Sethos spöttische Anweisung hin in sein schäbiges Grab gesperrt. Immer wieder dieses über-die-Lippen-lecken, wie ein hungriges Tier. Angstschweiß tritt auf Sekas Stirn, er spürt wie ein salziger Tropfen von seiner Achsel aus nach unten rinnt. Die untote Sichel macht ihm Angst, er presst die Klinge an den Hals der Verräterin. Sein Verstand rast, er sucht einen Ausweg, der ihn überleben lässt und Sethos zufrieden stellt, der sein Herz nicht so schwer werden lässt, dass Ammit es verspeist, wenn seine Zeit gekommen ist. Aber seine Absichten träufeln ihm bereits Zweifel um seine Zukunft ins Blut, die darin aufgehen wie Gift. Mit trockenem Mund weist er ihn zurück zum Grabmal, aber der Wandelnde bewegt sich nicht. Er sieht angefressen aus, Hautschichten sind abgelöst, nässendes Fleisch liegt wie rotes Krustentier auf dunklen Hautstränden. Die Gewissheit drängt sich in Sekas Gedanken. Amun. Sechmet. Nein - nicht Sechmet! Mut! Der Tag seiner Ankunft, letzte Nacht.. Mit eisigen Klauen ergreift die Panik Besitz von ihm. Es war das falsche Grab! Das falscheste von Allen! Sethos wusste davon! Er muss es gewusst haben! Er hat es gesagt, für alle hörbar! Seka spürt, wie die Verräterin sich in seinem Griff anspannt. Er bemerkt ihren verzweifelten Blick, sieht ihren und den des Wandelnden sich treffen. Sieht, wie der Oberschenkel der Sichel zuckt, bereit zum Sprung. Dann vernimmt er die Geräusche schneller, trommelnder Schritte. Jemand rennt zwischen den Pylonen hindurch auf den Platz, kommt rufend und mit wild wedelnden Armen näher gelaufen. Sein Herz überspringt einen Schlag. Unterzahl. Amun hat sich gegen ihn verschworen, die Ahnen ihn im Stich gelassen. Sethos hat ihn verraten, mit allen gespielt. Aber er, Seka, er hat verloren. Sethos hat ihn an das Schicksal ausgeliefert.


“Hilf mir!” Namra kann es in ihrem Blick sehen, ihre Augen schreien förmlich nach ihm, nach seinem Beistand. Die gleiche Verzweiflung erkennt er plötzlich in Sekas Augen. Irgendetwas ist ihm klar geworden, eine erschreckende Erkenntnis, die seine Grundfesten erschüttert hat. Die Panik hat sie alle an ihre Brust gedrückt, sie mit ihrer lähmenden Milch gesäugt. Er macht sich bereit, jeden Moment loszustürmen. Alle Sinne scheinen vom würzig-süßen Duft berauscht. Trommelnde Schritte von hinten zwingen ihn, sich instinktiv umzudrehen. Wild mit den Armen rudernd, laut rufend, rennt Mes auf sie zu. Namra versteht nicht. Als er sich wieder zu Seka gedreht hat, sackt sein Blut in die Tiefe. Für einen Moment lädt ihn die Sinnlosigkeit an ihren Tisch. Dann zerfetzt ein durchdringender Laut die Leere. “Neeiiiiiin!” Mes’ verzweifelt kreischender Schrei rauscht durch ihn hindurch, als Saba aus Sekas Armen fällt und gurgelnd zu Boden stürzt. Ihr Kopf hängt schief auf ihrem Körper, eine gewaltige Schlucht in ihrem Hals. Zitternde Hände greifen, zucken nach der Wunde, aus denen scharlachrotes Blut auf die Steine spritzt und bereits einen Wimpernschlag später eine gewaltige Lache gebildet hat. Ein roter Teppich bedeckt die Stufen der Säulenhalle und rollt die Stufen hinab.

Dunkelheit. Namra steht in der Finsternis, um ihn herum nichts als Schatten. Nichts als Schatten. Aber ist das real? Es ist Nacht. Oder nur finsterer Tag? Er blickt unwillkürlich auf seine Hände, fühlt das Prickeln in der Mitte der Handflächen. Es ist ein Angebot, eine Möglichkeit, die man ihm bietet. Dann ist es ein Drängen. Ein Fordern. Ein Befehl. Ein Verlangen. Sein Magen knurrt und brodelt. Die Handflächen jucken, fühlen sich an, wie von tausenden winzigen Nadeln durchbohrt, als ob sie nach langer Zeit wieder durchblutet werden würden. Dann reißt es ihn zurück.

Namras Brust hebt und senkt sich wie ein Segel im Wind. Er fühlt sich lebendig, so lebendig wie seit Jahren nicht mehr. Seka liegt unter ihm, halb in der Blutlache. Sein Gesicht ist malträtiert und entstellt - der Unterkiefer hängt lose, etliche Zähne fehlen, die Nase ist gebrochen. Beide Höhlen sind rotweiße Massen, von den Augen ist nichts mehr übrig. Die Lippen sind blau, schimmern an manchen Stellen unter dem dunklen Blut hervor. Erst jetzt fällt Namra auf, dass seine beiden Hände noch immer wie eiserne Zangen um Sekas Hals gelegt sind. Keuchend lässt er sich zur Seite fallen. Seine Handflächen prickeln.

Neben ihm kniet Mes, die ihre Freundin weinend in den Armen wiegt, ihr über die Wange streicht, um das Blut von ihrem Gesicht zu wischen, dabei aber nur noch mehr Rot auf ihren Wangen verteilt. Die zitternd mit dem Oberkörper vor und zurück wippt und das geflochtene Haar von Saba streichelt, während Tränen auf Sabas lebloses Gesicht fallen. Kalte, weiße, leere Augen starren Namra an, der Übelkeit in sich aufsteigen fühlt, sich wegdreht, weil er den Anblick nicht erträgt. Dabei fällt sein Blick auf etwas, das Saba aus der Tasche gefallen sein muss und jetzt in ihrer eigenen Blutlache ruht. Eine Handvoll Steine, dunkle, rote und schwarze Inseln in einer roten See. Hämatit. Blutstein. Mes schluchzt und weint, heult ihren Schmerz in die Stille. Stumm und stoisch stehen die Säulen hinter ihnen in einer pechschwarzen Halle, schweigend gebeugt der Torbogen über ihnen. Die Stufen wortlos und unbekümmert, blutig und mit Tränen benetzt. Und alles riecht nach Myrrhe.


(Quelle: Altes Degenesis-Forum)